Ja, gerne sag' ich ein paar Worte... (oder ein paar mehr)
Zuerst zum Smart auf der Autobahn... Keine gute Idee. Gar keine.
Der Smart hat noch nichtmal nen Schnellladeanschluss (CCS, zum Gleichstromladen (DC)). Und, oh Wunder, entlang der Autobahn werden faktisch nur DC-Ladestationen gebaut.
Aus der Vergangenheit gibt es auch noch ein paar Triplecharger, die haben neben CCS noch einen Chademo-Stecker (der asiatische DC-Standard) und eine AC-Lademöglichkeit. Und genau auf diese ist der Smart dann angewiesen....
Selbst die 80 Kilometer Reichweite sind aus meiner Sicht für den Smart relativ optimistisch, da man den (17 kWh) Akku ja auch nicht exakt bis auf null runterfährt. Und im Winter etwa 2kWh fürs Heizen draufgehen.
Mit anderen Worten, wenn man mit diesem Auto von Hamburg nach Berlin fährt, dann hat man den Sinn dieses Autos nicht verstanden.
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Ansonsten... meine Erfahung mit dem E-Golf.
Ich mag das Auto immer noch genau so wie im Herbst.
Tatsächlich ist es so, dass das Auto bei Kälte deutlich mehr verbraucht, wie oben schon geschrieben, zieht die Heizung locker 2kWh. Und bei einem städtischen Normalverbrauch von 15 kWh/100km sind das direkt mal 40% Mehrverbrauch.
Rechnung: Tempo in der Stadt durchschnittlich 33 km/h, d.h. für 100km brauche ich 3 Stunden und in den drei Stunden zieht die Heizung 6kWh. Macht dann 15kWh fürs Fahren und 6kWh fürs Heizen.
D.h. die realistische Reichweite im Winter (mit Heizung) sind so 120 Autobahnkilometer oder etwa 150 Stadtkilometer. Nochmal zur Info: Der E-Golf hat einen relativ kleinen Akku (32,8 kWh nutzbar). Aktuell zeigt mir die App bei einem Akkustand von 76% eine Reichweite von 114km an. Das ist auch realistisch.
Für die Fahrten zur Arbeit (coronabedingt selten) reicht das aber natürlich locker - zumal ich da auch kostenlos laden könnte. Für die Fahrt zur Schwiegermutter (Nähe Marburg, ~80km oneway) heisst dass 1x laden. Was aber dank einer Ladesäule der Stadtwerke Marburg (Kosten derzeit: 27 Cent/kWh) direkt am Ort problemlos funktioniert. Im Herbst haben wir Hin+Rück aber auch mit einer Akkuladung (und ca. 15% Rest) geschafft, bei Tempo 110-120 auf der Autobahn.
Im normalen Tagesgeschäft hier (Kids zum Training nach Bad Homburg, Einkaufen, Ausflüge) kommt der Akku nie in kritische Bereiche. Interessant der Ausflug zum Feldberg kostete hin für 25 km fast 30% Akku (ca. 700 Höhenmeter rauf), zurück nur 5% (700 Höhenmeter runter).
Was Lademöglichkeiten anbelangt gibts derzeit auch keine Probleme. Die Wallbox an meiner Garage brauche ich gar nicht oft.
Kleine Statistik:
Im Dezember daheim geladene Energiemenge: 46 kWh
Kostenlos unterwegs geladene Energiemenge: 76 kWh (diverse kostenlose Säulen, u.a. 3x beim Aldi, 2x bei Ikea)
Im Dezember gefahrene Strecke: 673 km
Das kommt auf einen Durchschnittsverbrauch von reichlich 18 kWh/100 km (und eine rechnerische Reichweite von 175 km). Das entspricht etwa 5 Cent/km, wenn ich den Strom komplett selbst aus dem Netz geladen hätte, dank Aldi & Co, sinds nur etwa 2 Cent/km. Bisher noch keine Rolle spielt meine PV-Anlage, da im Winter einfach zu wenig Sonne scheint.
Im Sommer kann ich dann aber dabei für etwa 9 Cent/kWh laden (meine "entgangene" Einspeisevergütung).
Randthema... Wenn ich allein unterwegs bin und nur eine kurze Strecke fahre, spare ich mir mittlerweile die Heizung. Bringt bei 5-10 Minuten Fahrzeit ohnehin nicht viel, kostet aber ordentlich Strom.
Bei längeren Fahrten oder mit Familie läuft die Heizung aber natürlich. Insofern kommt dann bei längeren Strecken mit Heizung (meist auch schneller gefahren) ein Verbrauch von 22-24kWh raus, auf kürzeren Strecken im Ort und ohne Heizung eher 15-17 kWh. Das mag jetzt der eine oder andere komisch finden, aber man setzt sich ja ohnehin mit Jacke ins Auto ...
Fassen wir mal zusammen:
Pluspunkte:
Der E-Golf ist ein tolles Auto und profitiert unheimlich stark von der ausgereiften Technik, die der Golf 7 mitbringt.
- Verarbeitung
- Sitze
- Matrix-LED-Licht
- Dynaudio Sound
- Drahtlos beheizbare Frontscheibe
- Radar-Abstandstempomat
- Die bisherigen Verbrauchswerte finde ich durchaus in Ordnung, das können auch moderene Autos nicht viel besser.
- Für mich einer der größten Pluspunkte... die unglaubliche Ruhe im Auto. Wenn man mal richtig Gas (Strom) gibt, hört man leise den Motor surren. Ein paar Reifengeräusche, ab 110km/h leise Windgeräusche...
- Günstige Einstufung bei der Versicherung, 10 Jahre keine KfZ-Steuer
Neutralpunkte
- Rekuperation funktioniert gut (auch über das Bremspedal), sollte aber beim E-Auto selbstverständlich sein. Einen Übergang von Rekuperation zum mechanischen Bremsen spürt man nie.
- Mit etwas Eingewöhnung funktioniert auch "1-Pedal-Drive" gut, d.h. das Auto rekuperiert (fast) mit Maximalleistung, wenn man vom Gas geht. Die Bremse braucht man dann meist nur noch von 5km/h auf null.
- Drehmoment... Klasse Durchzug, wobei mit den Winterreifen gerne mal die Räder durchdrehen, wenn man das Gaspedal durchtritt. Nebenwirkung des Frontantriebs, der aus dem Umbau der Verbrennerplattform resultiert.
Schwachpunkte:
- Im Auto gibts keine Anzeige für den Akku in Prozent. Nur einen blauen Balken und eine Reichweitenangabe in km.
- Die Navigation kann man in Bezug auf Ladesäulen komplett vergessen.
- Die begrenzte Ladeleistung von maximal 40kW macht Strecken von mehr als 300km/400km (Winter/Sommer) (d.h. 3x Laden) ziemlich unattraktiv, wenngleich es funktioniert
Fazit: Wenn man keine längeren Autobahnfahrten mit dem Auto plant, ist das ein tolles Auto zu einem mehr als fairen Preis. Für die ehemals von VW aufgerufenen 44T€ in meiner Konfiguration hätte ich den im Leben nicht gekauft. Aber für 20T€... Schnäppchen. Bin wirklich zufrieden und auch meine Frau fährt quasi nur noch den E-Golf. Mal schauen, wann die Batterie in ihrem Seat Ibiza den Geist aufgibt....

Und das Problem der Langstrecke wird in Kürze auch gelöst, denn mein Arbeitgeber hat seit kurzem den
Skoda Enyaq (klick) auf der Firmenwagenliste stehen. Und genau den (mit dem großen Akku) hab ich mir bestellt, kostet dank günstiger Leasingkonditionen und 0,25% Dienstwagenversteuerung nur etwa 350 Euro netto im Monat (für ein Auto mit knapp 60T€ Listenpreis). Der sollte dann für die Familie auch mit Gepäck auch für Urlaubsfahrten bestens geeignet sein.
Einmal Elektro - Immer Elektro.
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Fairereweise muss ich aber auch noch was zu den Ladepreisen an öffentlichen Ladestationen sagen. Da gibts nämlich derzeit einen wirklich unschönen Trend nach oben.
An Autobahnen, insbesondere an Ionity-Stationen, werden mittlerweile wirklich üble Konditionen aufgerufen (bei Ionity 79 Cent/kWh, es sei denn man hat nen Spezialtarif, der dann aber Grundgebühr kostet und nicht von Jedermann gebucht werden kann).
Für die, die sich nicht so auskennen, Ionity ist ein Konsotrium diverser, Autohersteller (VW-Gruppe, Daimler, Ford, BMW, Hyundai), die ein eigenes Schnellladenetz aufbauen, quasi das Gegenstück zu den Tesla Superchargern. Und obwohl Ionity (im Gegesatz zu Tesla) reichlich auf Fördergelder zurückgreift, zocken sie ihre "Spontanladekunden" (wozu ich als E-Golf-Fahrer auch gehöre) mit 79 Cent/kWh kräftig ab. Zum Vergleich: Tesla berechnet seinen Kunden faire 35 Cent/kWh.
Immerhin gibt es noch andere Anbieter, die es nicht so krass übertreiben... Bei EnBW, die auch eine gute Abdeckung mit vielen Roamingpartnern haben, zahlt man regulär 49 Cent/kWh (DC), als Stromkunde oder als ADAC_Mitglied 39 Cent/kWh. AC kostet 10 Cent weniger. Ähnliche Preise ruft auch Maingau-Energie auf, wobei die als kleiner Anbieter schnell ein Problem bekommen, wenn die Roamingpartner an der Preisschraube drehen.
Ein dritter großer Anbieter (Plugsurfing) preist sich gerade völlig aus dem Markt (49 Cent/kWh für langsames AC-Laden, 69 Cent/kWh für Schnelles DC-Laden und 1,09 €/kWh an Ionity-Ladern).
Auch beachten sollte man, dass einige Anbieter (auch EnBW und Maingau) eine Blockiergebühr erheben, wenn man >1 Stunde DC, bzw. >4 Stunden AC lädt. Das ist besonders ärgerlich, wenn man das Auto über Nacht an einer öffentlichen Säule laden möchte. Mal schauen, ob da in Zukunft zumindest nachts drauf verzichtet wird, denn wer parkt schon um 2 Uhr das Auto um, wenn er um 22 Uhr von Kundentermin wieder zurückgekommen ist....
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Und für alle, die sich bis hierher durchgekämpft haben... noch ein Tipp für Youtube.
Björn Nyland (Klick) macht wirklich sehr gut und unterhaltsame Reviews, Tests und (100km)-Challenges mit diversen Autos. Da bekommt man einen guten Einblick in spezifische Stärken und Schwächen von fast allen bekannten und (noch) unbekannten Elektroautos.