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Politik-Diskussions Thread

Begonnen von vitaminbonbon, Sonntag, 18 November 2007, 23:12:07

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Walter Frosch 99

#90
Zum Thema mal noch eine Beispielrechnung (Quelle: zingel.de) eines normalverdienenden AN, der üblicherweise mit dem Auto auf Arbeit fährt:

Modellrechnung »Normalverdiener«

Brutto-Monatsgehalt: 2.000,00 €
./. Lohnsteuer (Tabelle 2008): 261,41 €
./. Kirchensteuer 9%: 23,53 €
./. Solidaritätszuschlag 5,5%: 14,38 €
./. AN-RV (BfA) 19,9%: 199,00 €
./. AN-KV (z.B. AOK) 14,5%: 145,00 €
./. AN-KV (Sonderbeitrag) 0,9%: 18,00 €
./. AN-ALV 3,3%: 33,00 €
./. AN-PV 1,95% (keine Kinder): 19,50 €
= Netto-Auszahlung: 1.286,19 €
./. Praxisgebühren (monatlich): 3,33 €
./. Sonst. Gesundheitskosten: 20,00 €
./. Kfz-Steuer (Schätzung): 30,00 €
./. Kfz-Versicherung (Schätzung): 60,00 €
= Netto minus direkte Abzüge: 1.172,86 €
./. USt. (MWSt.) 19% auf 75% der Ausgaben: 140,45 €
./. USt. (MWSt.) 7% auf 25% der Ausgaben: 19,18 €
./. Benzinsteuer 0,7210 €/Liter, 80 Liter Verbrauch: 57,68 €
./. Verbrauchssteuer (Schätzung): 100,00 €
./. AfA Auto 4 Jahre Nutzung, 8.000 € Neuwert: 166,67 €
= Verwertbares Realeinkommen: 688,88 €
= Brutto-Abgabenquote: 65,56%

Berufsgenossenschaft 10%: 200,00 €
= AG-SV inkl. BG: 596,50 €
= Gesamter Personalaufwand: 2.596,50 €
= Real-Abgabenquote: 73,47%

Ein AN der seinen AG 2.596,50 € an Personalkosten verursacht erhält nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Aufwendungen für Arbeitsweg (Beispiel geht davon aus, dass ein Auto benötigt wird) gerade einmal noch 688,88 für echten Konsum (Miete, Essen, Kleidung, Kultur). Und da hat er noch keine GEZ gezahlt, keine sonstigen Versicherungen und einen Hund (Hundesteuer) hat er hoffentlich auch nicht ::). Ist es verwunderlich, dass die Leute "Ausflüchte" suchen, wenn der Staat ihnen die Luft zum atmen nimmt. Das ist zwar bei einem Herrn Zumwinkel sicher nicht so, aber es zeigt doch dringend den Handlungsbedarf....

Achja und nicht vergessen mind. 100-150 Euro im Monat für die Rente zurückzulegen :lol:

Btw....von 2.000 € Brutto im Monat träumen im Osten sicher viele AN



"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Hans Sarpei."

"Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl."

"Geil, endlich Sommer...da kann ich jetzt in Shorts vorm Computer sitzen" ;D

PapaGecko

Und wo ist deine Dauerkarte fürs Basketball???
Here to stay!

T.I.

Warte mal noch ein bissl ab, es kommt garantiert noch schlimmer. Nämlich dann, wenn der Generationenvertrag für die Rente der wie ein Schneeballsystem aufgebaut ist völlig zusammenbricht, und du statt 19,9%  25% oder mehr bezahlen musst, was ja dein Arbeitgeber auch noch mal zahlt. Du zahlst Geld ein was du mal nie wieder zurück bekommst und kannst nix dagegen machen. Das selbe Geld angelegt und du könntest mit 48 Jahren dich zur Ruhe setzen.
Schaun wir mal, dann sehen wir schon

Iak

Die Beiträge zu den Sozialversicherungen werden von AG und AN jeweils zur Hälfte gezahlt. Die einzige Ausnahme ist die Unfallversicherung, die die Arbeitgeber alleine zahlen. In der letzten KV-Reform wurde auch beschlossen, dass sie AN mehr vom KV Betrag zahlen als die AG. In diesem Bereich gibt es also keine paritätische Beitragszahlung mehr.

Das unsere Sozialsysteme nicht zukunftsfähig sind, haben in den 80er Jahren schon Lafontaine  :-X :o und Biedenkopf festgestellt. Nur war dieses Thema damals nicht opportun und sie wurden von ihren Parteien mundtot gemacht. ("Die Rente is sischaa")
Die Agenda 2010 war ein Anfang, um die Sozialsysteme zu reformieren, nur ging sie erstens nicht zu weit und wird zweitens schon 4 Jahre nach ihrem Inkrafttreten wieder verwässert.
Um die Wahl 2002 herum gab es 2 Reformvorschläge zur RV (Herzog und Rürup). Was ist mit denen geschehen? Zukunftsfähige Politik sieht anders aus, aber 20 Mio Rentner will man als Wähler nicht verlieren. Bei den unter 30 Jährigen haben ja nur die Leute ab 18 eine Stimme und die scheinen anscheinend nicht wichtig genug zu sein, um sich mit ihrer Zukunft zu beschäftigen.
Aber meckern können wir ja alle, Ideen haben leider die wenigsten von uns. Deswegen möchte ich hier an den letzten Satz meines VWL Professors erinnern, den er uns als frischen Studenten mitgegeben hat:

"Verändern Sie die Welt!"

In diesem Sinne, packen wir es an ;)
"Wahrheit spricht für sich allein - aber Lüge spricht durch Presse und Rundfunk."  Victor Klemperer (1881-1960)

Walter Frosch 99

#94
Zitat von: T.I. am Montag, 25 Februar 2008, 12:24:48
Warte mal noch ein bissl ab, es kommt garantiert noch schlimmer. Nämlich dann, wenn der Generationenvertrag für die Rente der wie ein Schneeballsystem aufgebaut ist völlig zusammenbricht, und du statt 19,9%  25% oder mehr bezahlen musst, was ja dein Arbeitgeber auch noch mal zahlt. Du zahlst Geld ein was du mal nie wieder zurück bekommst und kannst nix dagegen machen. Das selbe Geld angelegt und du könntest mit 48 Jahren dich zur Ruhe setzen.

Selbständigkeit oder auswandern...

ich hab die Hoffnung mittlerweile aber aufgegeben, dass in diesem Land, die seit Jahren notwendigen größeren Reformen von irgendwem angepackt werden. Ich zahle gerne Steuern und Sozialabgaben, und gerne auch etwas mehr für ein Land wie Deutschland, dass seinen Bürgern eine relativ hohe Sicherheit und gute Infrastruktur bietet. Im Moment ist Deutschland aber wie ein Alkoholiker, der weiter trinkt obwohl der Arzt ihm gesagt hat, dass er sterben wird, wenn nicht aufhört zu trinken. Und der Alkoholiker denkt sich....ja ich höre auf....nächste Woche...oder nächsten Monat...oder vielleicht auch nächstes Jahr ::).

Im Moment habe ich als Normalbürger das Gefühl, dass in diesem Land keinerlei Politik sondern nur noch Wahlkampf gemacht wird. Anstatt sich wichtigen Dingen zu widmen, wird ewig lang diskutiert ob die SPD nun doch mit den Linken...weil der Beck hat gesagt....ne hat er doch nicht...die Ypsilanti aber....und die FDP und CDU finden das doch ganz schauderhaft...Deutschland rückt nach links....ne eigentlich nach rechts. Das ewig sture Parteidenken, das gegenseitige blockieren, Opportunismus, Steuerverschwendung und der aufgeblähte Staat wird uns in den nächsten Jahren den Anschluss zur Weltspitze kosten. Die Menschen sind dank kostengünstigem Transportwesen und moderner Kommunikation heute aber auch sehr viel flexibler geworden...viel Kapital, Leistungsträger, aber auch ganz normale Bürger werden das Land verlassen, wenn sich hier nichts mehr tut. Obwohl andere Länder auch ihre Probleme haben (da braucht man sich nichts vormachen...geschenkt bekommt man nirgendwo etwas), spiele ich schon mit dem Gedanken in den nächsten Jahren hier die Biege zu machen....dank Ryanair kann ich über Altenburg ja trotzdem günstig zu den Niners-Spielen anreisen ;D


Zitat von: Iak am Montag, 25 Februar 2008, 12:59:36
Die Beiträge zu den Sozialversicherungen werden von AG und AN jeweils zur Hälfte gezahlt. Die einzige Ausnahme ist die Unfallversicherung, die die Arbeitgeber alleine zahlen. In der letzten KV-Reform wurde auch beschlossen, dass sie AN mehr vom KV Betrag zahlen als die AG. In diesem Bereich gibt es also keine paritätische Beitragszahlung mehr.

Das unsere Sozialsysteme nicht zukunftsfähig sind, haben in den 80er Jahren schon Lafontaine  :-X :o und Biedenkopf festgestellt. Nur war dieses Thema damals nicht opportun und sie wurden von ihren Parteien mundtot gemacht. ("Die Rente is sischaa")
Die Agenda 2010 war ein Anfang, um die Sozialsysteme zu reformieren, nur ging sie erstens nicht zu weit und wird zweitens schon 4 Jahre nach ihrem Inkrafttreten wieder verwässert.
Um die Wahl 2002 herum gab es 2 Reformvorschläge zur RV (Herzog und Rürup). Was ist mit denen geschehen? Zukunftsfähige Politik sieht anders aus, aber 20 Mio Rentner will man als Wähler nicht verlieren. Bei den unter 30 Jährigen haben ja nur die Leute ab 18 eine Stimme und die scheinen anscheinend nicht wichtig genug zu sein, um sich mit ihrer Zukunft zu beschäftigen.
Aber meckern können wir ja alle, Ideen haben leider die wenigsten von uns. Deswegen möchte ich hier an den letzten Satz meines VWL Professors erinnern, den er uns als frischen Studenten mitgegeben hat:

"Verändern Sie die Welt!"

In diesem Sinne, packen wir es an ;)

Da gebe ich Dir ja vollkommen recht...natürlich liegt es an jedem einzelnen die Welt zu verbessern. Ja und wir meckern auch alle lieber als zu handeln ::)

Aber das was Du im ersten Teil Deines Beitrages schreibst, trifft doch den Kern. Leute die Vorschläge für wirkliche Reformen machen, werden mundtot gemacht. Ohne jetzt (inhaltlich) über einen Kirchhoff, die Bierdeckelsteuer von Friedrich Merz oder das Bürgergeld von Herrn Althaus zu urteilen....aber schon die gedanklichen Ansätze werden in Deutschland im Keim erstickt. Das ist das, was mich hier wirklich sehr ärgert! Mir kann keiner erzählen, dass nicht jede dieser Ideen und Gedankenspiele dieser Herren völlig uninteressant sind. Aber anstatt sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen und Verbesserungsvorschläge und Optimierungen an diesen Konzepten auszuarbeiten, werden sie einfach plattgewalzt, weil diese Herren in der falschen Partei sind oder manchmal sogar der eigenen Partei unangenehm, weil sie dem nächsten Wahlkampf schaden könnten ::)
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"Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl."

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Iak

Zitat von: Steffen am Montag, 25 Februar 2008, 13:09:20


Die Menschen sind dank kostengünstigem Transportwesen und moderner Kommunikation heute aber auch sehr viel flexibler geworden...viel Kapital, Leistungsträger, aber auch ganz normale Bürger werden das Land verlassen, wenn sich hier nichts mehr tut. Obwohl andere Länder auch ihre Probleme haben (da braucht man sich nichts vormachen...geschenkt bekommt man nirgendwo etwas), spiele ich schon mit dem Gedanken in den nächsten Jahren hier die Biege zu machen....dank Ryanair kann ich über Altenburg ja trotzdem günstig zu den Niners-Spielen anreisen ;D

Ein paar Interessante Gedanken zum Thema Auswandern...

Quelle

Zitat
von Wolfram Weimer

Wir sind dann mal fort

Alle vier Minuten verlässt ein Deutscher sein Land. An jedem Tag verliert Deutschland ein ganzes Dorf, womit die Zahl der Auswanderer Dimensionen erreicht wie seit 120 Jahren nicht mehr. Man muss kein Pessimist sein, um in der Massenflucht ein Misstrauensvotum gegen die Zukunftsfähigkeit des Landes zu erkennen.
Was die Angelegenheit so heikel macht: Es sind die Besten und Jüngsten, die genug haben und gehen. Im Gegensatz zu den Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts verlassen nicht etwa Analphabeten, Bauern und verzweifelte Arbeiter das Land. Wir erleben keine Elendsflucht, sondern einen Exodus des gebildeten Mittelstands. Das Durchschnittsalter unserer Auswanderer beträgt 32 Jahre, es sind junge Ärzte und Ingenieure, Wissenschaftler und Facharbeiter, Handwerker, Techniker und ehrgeizige Dienstleister. Nach Angaben der OECD verliert derzeit kein anderer Staat so viele Akademiker.
Inzwischen gibt es kaum eine Familie mehr, die nicht betroffen ist, kaum ein Fernsehabend mehr ohne Serien wie ,,Umzug in ein neues Leben" (Kabel 1), ,,Goodbye Deutschland" (Vox), ,,Die Auswanderer" (Pro7) und ,,Deutschland ade" (RTL). Nach einer Allensbach-Umfrage würde jeder fünfte Deutsche es den Fernsehvorbildern gerne gleichtun.
Der Migrationsforscher Klaus Bade warnt unmissverständlich: ,,Wir befinden uns in einer migratorisch suizidalen Situation." Während unser Sozialstaat Hunderttausende Unqualifizierter aus den Randzonen Europas anzieht, fühlen sich die jungen Vertreter des Leistungsmittelstands hierzulande immer fremder. Der Handwerksmeister, der in Australien nicht vom Bürokratenstaat bedrängt wird, der Arzt, der in Norwegen nicht zum Medizinbeamten degradiert wird, der Wissenschaftler, der in den USA bessere Forschungsbedingungen hat, die Hotelfachfrau, die in der Schweiz das Doppelte verdient und dabei auch noch weniger Steuern zahlt, der Bauingenieur, der in China sein Können vergoldet bekommt – die Motive wechseln. Aber eines eint sie alle: Anderswo geht es ihnen besser als daheim.
Das ist für die Deutschen, die sich jahrzehntelang als die Wirtschaftswunder-Klassenbesten gefühlt haben, eine schockierende Erfahrung. Auf einmal arbeiten sie als Gastarbeiter in fremden Ländern, und wenn die Wirtschaftselite der Welt sich in Davos trifft, dann sind die Hotelkellner die Deutschen.
Man spürt bei Auslandsreisen, dass die Dinge sich anderswo besser entwickeln als bei uns, dass unser zivilisatorisches Vorsprungsgefühl verloren ist. Man muss nicht gleich von ,,Ausbluten" und ,,Argentinisierung" schwarzmalen, aber beim Mittelstand verfestigt sich doch der Eindruck, das Land sei langsam geworden und seine Substanz erodiert.
Die Überlegenheitsgewissheit, die jeden Urlaub im Süden zu einem Selbstbestätigungs-Event gemacht hat, ist verschwunden. Avantgarde spürt man nicht mehr daheim, sondern in der Fremde. Doch damit sind die Kategorien der Orientierung für die nächste Generation der Talentierten vertauscht. Die Fremde wird zum Ort der Verheißung.
Wenn die Autobahnen in Andalusien inzwischen besser sind als im Ruhrgebiet, unsere Schulen neben denen in Skandinavien wie Baracken aussehen, wenn ein deutscher Krankenhausarzt nur noch so viel verdient wie ein Pförtner in Dubai, wenn eine Facharbeiterfamilie so hohe Steuern und Sozialabgaben zahlt, dass ihnen weniger übrig bleibt als einem Koch in Zürich, dann gehen sie eben. Immer mehr Menschen merken, dass ihnen Deutschland immer weniger bietet.
Während die Politzirkel Berlins noch selbstgefällig über Zuwanderungsquoten streiten, ist die Abwanderungsquote das eigentliche Problem. Wohlstandswahrung in der Globalisierung heißt vor allem, Intelligenz zu binden. Deutschland gelingt das immer schlechter. Alleine 16000 Ärzte haben das Land verlassen. Ihre teure Ausbildung ist damit zu einer Subvention der Schweiz, Norwegens, Englands, der USA geworden.
Während wir endlos über die Extreme von oben (Topmanager und deren Gier) und unten (Mindestlohn-Empfänger und gewalttätige Migrationsjugendliche) diskutieren, vollzieht sich ein Bruch der Gesellschaft in der Mitte. Man erörtert über Jahre, wie man den Wohlstandskuchen noch ein bisschen gerechter verteilen könnte, doch unterdessen flüchten diejenigen aus der Küche, die den Kuchen backen sollen. Unser Problem sind nicht 100 maßlose Manager oder 100000 türkische Familien in vermeintlicher Armut. Es sind die Millionen der Mittelschicht, die die Gesellschaft tragen, sich aber von ihr zusehends weniger getragen fühlen. Sie zahlen immer höhere Abgaben, erleben Wohlstandsverluste, werden bevormundet, müssen ihre Kinder in schlechte Schulen schicken und werden dem Wettbewerbsdruck der Globalisierung mit viel weniger Schutz ausgesetzt als die ganz unten und ganz oben.
Die Flucht aus der Heimat ist eine Volksabstimmung mit den Füßen geworden, ein Alarmsignal aus der Mitte der Gesellschaft. Die Auswanderer revoltieren nicht und krakeelen nicht, sie haben keine Gewerkschafts- oder Partei-Kampagne hinter sich, sie gehen einfach still und leise fort. Leider.

Dem ist wohl leider nichts mehr hinzuzufügen.  :-\
"Wahrheit spricht für sich allein - aber Lüge spricht durch Presse und Rundfunk."  Victor Klemperer (1881-1960)

vitaminbonbon

Zitat von: Iak am Montag, 25 Februar 2008, 12:59:36
Die Beiträge zu den Sozialversicherungen werden von AG und AN jeweils zur Hälfte gezahlt. Die einzige Ausnahme ist die Unfallversicherung, die die Arbeitgeber alleine zahlen. In der letzten KV-Reform wurde auch beschlossen, dass sie AN mehr vom KV Betrag zahlen als die AG. In diesem Bereich gibt es also keine paritätische Beitragszahlung mehr.

Das unsere Sozialsysteme nicht zukunftsfähig sind, haben in den 80er Jahren schon Lafontaine  :-X :o und Biedenkopf festgestellt. Nur war dieses Thema damals nicht opportun und sie wurden von ihren Parteien mundtot gemacht. ("Die Rente is sischaa")
Die Agenda 2010 war ein Anfang, um die Sozialsysteme zu reformieren, nur ging sie erstens nicht zu weit und wird zweitens schon 4 Jahre nach ihrem Inkrafttreten wieder verwässert.
Um die Wahl 2002 herum gab es 2 Reformvorschläge zur RV (Herzog und Rürup). Was ist mit denen geschehen? Zukunftsfähige Politik sieht anders aus, aber 20 Mio Rentner will man als Wähler nicht verlieren. Bei den unter 30 Jährigen haben ja nur die Leute ab 18 eine Stimme und die scheinen anscheinend nicht wichtig genug zu sein, um sich mit ihrer Zukunft zu beschäftigen.
Aber meckern können wir ja alle, Ideen haben leider die wenigsten von uns. Deswegen möchte ich hier an den letzten Satz meines VWL Professors erinnern, den er uns als frischen Studenten mitgegeben hat:

"Verändern Sie die Welt!"

In diesem Sinne, packen wir es an ;)

Dann macht aber auch mit!
Es müssten sich halt paar mehr Menschen wirklich einbringen und einmischen, aber leider ist die Gesellschaft wohl nicht danach.
*Achtung Zynismus*: Solange Fussball-Bundesliga auf dem Flachbildschirm läuft, das Bier erschwinglich ist und Dutzende Kochshows hohe Einschaltquoten haben...scheint die Mehrzahl der Leute ja doch irgendwie zufrieden zu sein.
Ist sehr verallgemeinert, ich weiss. Zukunft Sicherungssysteme. Da haben wir ja nun Rente 67 eingeführt- natürlich deshalb, damit die Vielzahl interessierter Ältere weiter arbeiten dürfen, was sie ja gern wollen  ;) - so unsere offiziellen Aussagen. Nein, natürlich damit der Laden nicht vollständig auseinanderfliegt! Und wie waren die Reaktionen? Kennt ihr selber. Übrigens kaum Zuspruch oder Befürwortung DER Generation, die es deutlichsten betrifft- die nämlich sonst tatsächlich 25%-Punkte bezahlen müssten. Und unsere jährlichen 75 Milliarden (!!!) Steuermittel in den Rententopf würden auch nie reichen. Von Lanfontaine brauchen wir hier nicht reden. Bitte nicht.  :kotz:
Und was Wähler/Wählerstimmen angeht.
Klar wäre es wünschenswert und richtig wenn Politik glasklar durchgezogen wird. Reformen- zukunftfähige Politik, ein Blick auf ne Genartion später.
Schröder hat es gemacht. Was rausgekommen ist- bekannt. Nicht nur das er 2005 sozusagen abgewählt wurde, nein- auf dem Weg bis 2005 wurde eine Landtagswahl nach der anderen deutlich verloren. Protestwahlen halt. Bundesratsmehrheit gegen Rot/Grün über Jahre mit toller Blockademöglichkeit.
Da kann ich ein bisschen Populismus (Rüttgers, Beck) gut verstehen- finde ihn trotzdem falsch.
Als es bei uns um die Verlängerung ALG 1 ging, war ich auf Münteferings Seite- weil er einfach Recht hat(te). Und? Parteitag stimmungsmäßig links- sozial-gerecht. Münte auch weg (andere Gründe). Wohlfühlklima. Wettlauf nach den größten sozialen Wohltaten.
Wobei- nicht falsch verstehen: Ich gehöre zur Linken in der Bundestagsfraktion- meine Meinung zum Mindestlohn usw. kennt ihr. Aber das System muss zukunftsfest gemacht werden, da werden Einschnitte nötig sein und da traut sich bis 2009 keiner mehr ran. Meine (pessimistische) Prognose.  :hmpf:
Wenn du redest, dann muss deine Rede besser sein, als dein Schweigen gewesen wäre.
(arabisches Sprichwort)

Walter Frosch 99

#97
Guter Artikel, der es auf den Punkt bringt :-\

Die unterschiedliche Entwicklung zwischen Deutschland und anderen Staaten, habe ich eigentlich bei ausnahmlos allen Urlaubsreisen festgestellt (ebenso Freunde und Bekannte). Insbesonders fällt einem dies bei den Menschen auf. Der Deutsche war zwar schon immer etwas muffelig, aber was ich erkenne ist eine steigende Resignation, Unzufriedenheit und von grundauf pessimistisches Denken. Das ist im Ausland, nicht einmal in "Dritte-Welt-Ländern" die ich besucht habe so extrem.

Naja bei meinen Auswanderungsgedanken kommt zumindest bei mir hinzu, dass meine Frau (Ausländerin wie manche vielleicht ja wissen) sich in Deutschland nicht wirklich wohl fühlt....und ich kann es gut nachvollziehen. Obwohl sie wirklich versucht sich zu integrieren (hat z.B. gleich nachdem sie nach Deutschland gezogen ist 1.200 Stunden Deutsch an der VHS genommen, versucht Arbeit zu finden etc.), macht es ihr Deutschland nicht wirklich leicht. Mal ein Beispiel: sie hat in Italien ihr Studium abgebrochen um nach Deutschland zu kommen. Hier wollte sie natürlich auch studieren....aber halt, gnädige Frau hat zwar ein Abitur....aber das ist ja gar kein Deutsches :o. Während sie in jedem Land der Welt studieren kann, geht das in Deutschland natürlich nicht (oder zumindest nur über extreme und zeitintensive Umwege). Ende der Geschichte....ich zahle jetzt für ein Privatstudium :sagja:. Auch im Freundeskreis ähnliche Probleme (einige Südamerikaner) die in ihren Ländern jahrelang gearbeitet haben und sogar an der Universität promoviert haben....in Deutschland hat das alles keinen Wert. Kein deutsches Zertifikat und Du kannst es vergessen. Deutschland ist wirklich zukunftsorientiert! Ok das ist nur ein Beispiel von vielen....

Zitat von: vitaminbonbon am Montag, 25 Februar 2008, 13:35:13
Dann macht aber auch mit!
Es müssten sich halt paar mehr Menschen wirklich einbringen und einmischen, aber leider ist die Gesellschaft wohl nicht danach.
*Achtung Zynismus*: Solange Fussball-Bundesliga auf dem Flachbildschirm läuft, das Bier erschwinglich ist und Dutzende Kochshows hohe Einschaltquoten haben...scheint die Mehrzahl der Leute ja doch irgendwie zufrieden zu sein.
Ist sehr verallgemeinert, ich weiss.

Nein das ist nicht verallgemeinert, das ist wirklich genau so wie Du es beschreibst! Viele Leute in diesem Land leben mittlerweile in ihrer eigenen kleinen Welt, die ihnen reicht. Sie wollen mit anderen und auch mit der Politik nichts mehr zu tun haben. Insgesamt ist das Land schon am verblöden (nicht, dass man auch oft blöde Dinge tut....aber man ist sich dem wenigstens bewusst ;D), was ich ziemlich schade, aber auch schlimm finde. Deutschland hat seinen Wohlstand weder der Ausbeutung von Kolonien oder Bodenschätzen zu verdanken, sondern seinen genialen Denkern und Erfindern. Das war immer unser Vorsprung...und der sickert langsam dahin ::)

Zitat
Zukunft Sicherungssysteme. Da haben wir ja nun Rente 67 eingeführt- natürlich deshalb, damit die Vielzahl interessierter Ältere weiter arbeiten dürfen, was sie ja gern wollen  ;) - so unsere offiziellen Aussagen. Nein, natürlich damit der Laden nicht vollständig auseinanderfliegt! Und wie waren die Reaktionen? Kennt ihr selber. Übrigens kaum Zuspruch oder Befürwortung DER Generation, die es deutlichsten betrifft- die nämlich sonst tatsächlich 25%-Punkte bezahlen müssten. Und unsere jährlichen 75 Milliarden (!!!) Steuermittel in den Rententopf würden auch nie reichen. Von Lanfontaine brauchen wir hier nicht reden. Bitte nicht.  :kotz:
Und was Wähler/Wählerstimmen angeht.
Klar wäre es wünschenswert und richtig wenn Politik glasklar durchgezogen wird. Reformen- zukunftfähige Politik, ein Blick auf ne Genartion später.
Schröder hat es gemacht. Was rausgekommen ist- bekannt. Nicht nur das er 2005 sozusagen abgewählt wurde, nein- auf dem Weg bis 2005 wurde eine Landtagswahl nach der anderen deutlich verloren. Protestwahlen halt.

Also auch wenn das die meisten wohl anders sehen als ich, aber ein Schröder (und wenn er noch so sehr Populist war) ist mir 1000mal lieber als ein Beck. Ich mag keine Politiker ohne Ecken und Kanten, welche dem Volk nach dem Mund reden, je nachdem wie die Stimmung im Volk ist (sonst ist die Wahl ja in Gefahr). Dann lieber einen Dickkopf wie Schröder, der mal ordentlich was durchzieht und notfalls seine eigene Person in Frage stellt, wenn er nicht bekommt was er will.

Zitat
Wobei- nicht falsch verstehen: Ich gehöre zur Linken in der Bundestagsfraktion- meine Meinung zum Mindestlohn usw. kennt ihr. Aber das System muss zukunftsfest gemacht werden, da werden Einschnitte nötig sein und da traut sich bis 2009 keiner mehr ran. Meine (pessimistische) Prognose.  :hmpf:

Ich finde sowieso, dass das Thema Links/Rechts/Konservativ/liberal etc immer extrem überbewertet wird. Wenn Du zum Mindestlohn stehst ist das doch ok, auch wenn einige hier ja schon eine andere Meinung kundgetan haben. Ich bin davon auch nicht unbedingt ein Befürworter, hätte aber auch kein Problem damit, wenn ein klares Konzept dahintersteht. Was fehlt ist einfach eine Zukunftsvision in diesem Land....eine klare Richtung, die den Menschen plausibel scheint und die sie mitreist. Ihr Politiker habt es aber auch nicht wirklich leicht ;)
"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Hans Sarpei."

"Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl."

"Geil, endlich Sommer...da kann ich jetzt in Shorts vorm Computer sitzen" ;D

HobbesTheOne 99

Ja wo ist die Zukunftsvision in "unserem schönen Land"? Ich kann keine erkennen, denn vorausgeschaut wird doch eigentlich nur bis zur nächsten Wahl. Themen die Wähler vergraulen sind Tabu, schließlich will die Wahl gewonnen werden. Unsere Gesellschaft wird immer älter, demzufolge auch die Wählerschaft - das bedeutet, das einschneidende Maßnahmen im Rentensektor nicht zu erwarten sind, obwohl etwas getan werden muss. Das momentane System ist (analog das Gesundheitssystem) mehr als reformbedürftig. Aber schauen wir uns andere Länder an: die haben z.T. auch Probleme wie wir, haben aber schon Veränderungen vorgenommen bzw sind dabei es zu tun.

Ein schönes Beispiel sind für mich die Abgeordneten-Diäten und -Pensionen: aus finanzieller Sicht wäre es viel besser, die Diäten kräftig zu erhöhen und auf der anderen Seite die Pensionsansprüche abzuschaffen. Der Abgeordnete müsste sich dann selbst um seine Rentenansprüche kümmern. Für den gemeinen Wähler ist das aber nicht begreiflich: "Die Politiker wollen ihre Diäten erhöhen? Alle müssen sparen und sehen wo sie bleiben und die erhöhen sich ihre Gehälter! Die kriegen meine Stimme nicht mehr!" Aber hierzu mal ein Zitat aus Politikerkreisen: "Des Geldes wegen geht keiner in den Bundestag!".

Die Große Koalition wird für mich sowieso mehr und mehr zu einem Witz. Die Chance, aufgrund der deutlichen Mehrheit Reformen anzupacken, wurde meiner Meinung nach vertan. Von Reformen kann nicht einmal mehr gesprochen werden, vielmehr vom kleinsten gemeinsamen Nenner.
Den Anfang zu einschneidenden Veränderungen sollte die Agenda 2010 bilden, aber wo sind wir heute: in der Stagnation oder sogar im Rückschritt. Kein Wunder also das gerade unter den gut (aus)gebildeten Menschen das Thema Auswandern zunehmende Bedeutung gewinnt, ohne dabei außer Acht zu lassen, das im Ausland auch nicht alles rosig ist. Doch eben diese Gesellschaftsschicht steht für die Zukunft unseres Landes und wenn wir diese verlieren, dann gute Nacht Deutschland.
"Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen."
Walter Scheel

vitaminbonbon

@hobbes: Sehr gut! Man(n) könnte denken, Du bist ein Insider.
Du hast (fast) vollständig recht. Es ist auch das, was ich (im täglichen Erleben) beklage- aber auch verstehe. Wir haben generell ein Problem mit unseren16+1 Wahlkämpfen. Es ist eigentlich immer irgendwo ne Wahl und demzufolge Wahlkampf. Es ist schlichtweg wenig Zeit für größere Projekte. Wir sprechen da immer von "Zeitfenstern". 2005 war mir klar, dass wir bis Ende 2007 alles geschafft haben müssen- 2008 folgen Landtagswahlen, 2009 der Bund mit seiner vorweg gehenden stärkeren Positionierung und Profilierung.
Über die notwendigen Rentenreformen habe ich schon geschrieben, ein Paradebeispiel ist aber unsere Gesundheits"reform". Herausgekommen ist der kleinste gemeinsame Nenner- ein Kompromiss, der verständlich ist bei den komplett gegenläufigen Grundansätzen Bürgerversicherung vs. Kopfpauschale.
Verbessert wird im Grundsatz nicht all zu viel- der Gesundheitsfond kann aber, je nach Wahlausgang, weiter genutzt werden: für die Bürgerversicherung genau wie für die Kopfpauschale.
Zu den Diätenerhöhungen sage ich nichts. Ich hab dagegen gestimmt- nicht weil die Erhöhung zu groß war, nein, weil im Gegenzug nichts (und das war anders vereinbart) an der Altersversorgung geändert wurde. Das kann ich nicht vertreten- also auch nicht zustimmen. Deutliche Erhöhung gekoppelt mit Selbstvorsorge fürs Alter- das wäre richtig und im Übrigen auch gerecht.
Was kommt? Vlt. die Erbschaftststeuerreform. Viele kleinere, unstritte Geschichten. Kaum noch die Pflegereform. Sicher nicht mehr Föderalismusreform II, also die Reform der Finanzbeziehungen Bund/Land. Neuausrichtung ARGEN SGB II nach Verfassungsgerichtsurteil? Unterschiedliche Ansätze zur Verantwortlichkeit. Familienpolitik? Gut gestartet- jetzt Streit um Krippenfinanzierung mit/ohne Betreuungsgeld. Gemeinsamkeiten eher in der Außen- statt der Innenpolitik.
Trotzdem sollte niemand den "Sand in den Kopf" stecken. Die Probleme sind erkannt, gerade auch durch die demographische Entwicklung. Was fehlt... ist der Mut, auch zur unbequemen Wahrheit. Und jetzt komme ich an den Anfang meiner Zeilen zurück. Ich beklage das- und verstehe es (nun 1,5 Jahre vor der nächsten Bundestagswahl) aus eigener Betroffenheit ganz gut.  :-\
   
Wenn du redest, dann muss deine Rede besser sein, als dein Schweigen gewesen wäre.
(arabisches Sprichwort)

Hendrik

#100
@ Bonbon: Da Du gerade die Gesundheitsreform ansprichst....

Aus meiner Sicht ist jedes der beiden Modelle besser als das derzeitige "System". Nun kann man gut darüber streiten, ob nun Kopfpauschale oder Gesundheitsfonds sozialer, ökonomischer oder sonstwie besser sind... letzten Endes ist es klar, dass jeder Monat ohne eine Änderung ein verlorener Monat ist.

Analog hierzu gibt es nun auch noch eine Vielzahl weiterer Streitpunkte (große Steuerreform, Bahnprivatisierung, Mindestlohn usw....).

Warum ist es eigentlich nicht möglich, eines der Themen nach den Plänen des einen Koalitionspartners auszuarbeiten, das nächste dann nach den Plänen des anderen Partners. Da die Wertigkeit der Themen in CDU und SPD wohl ohnehin etwas anders beurteilt wird, wäre es sogar möglich, Akzente in den Bereichen zu setzen, die der eigenen Klientel gut verkauft werden können.

Der große Vorteil dabei: Nach der nächsten Wahl wäre mit einer solchen, fachbgebietsübergreifenden Lösung halbwegs sichergestellt, dass dann die Reformen überleben, die von den künftigen Oppositionsbankdrückern verantwortet wurden.

Ansonsten finde ich folgende Frage interessant, die sich jeder verantwortungsvolle Politiker stellen sollte:
Wie lautet der Auftrag eines Politikers? Soll er tun, war die Bevölkerung will oder das, was gut für die Bevölkerung ist?
Ersteres wäre im Sinne der Demokratie sicherlich richtig - im Hinblick das Nichterkennen größerer Zusammenhänge in weiten Teilen der Bevölkerung und die weit verbreitete "Sparen ja, aber bitte nich bei mir" Mentalität aber absolut untauglich.
Letzeres hätte vor allem das kurzfristige Ergebnis, dass der/die betroffene Politiker mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt würde (siehe Schröder). Umd wenn die Ergebnisse mal greifen, hat der Initiator nichts mehr davon - bzw. der Zusammenhang zwischen Reform und Ergebnis wird geleugnet - siehe ALG 1.

Und dummschwätzende Populisten wie der Laffo schaffen es eben immer wieder, den Leute ihren "Politikansatz" zu verkaufen.

Walter Frosch 99

#101
Zitat von: HobbesTheOne am Montag, 25 Februar 2008, 22:29:07
Ein schönes Beispiel sind für mich die Abgeordneten-Diäten und -Pensionen: aus finanzieller Sicht wäre es viel besser, die Diäten kräftig zu erhöhen und auf der anderen Seite die Pensionsansprüche abzuschaffen. Der Abgeordnete müsste sich dann selbst um seine Rentenansprüche kümmern. Für den gemeinen Wähler ist das aber nicht begreiflich: "Die Politiker wollen ihre Diäten erhöhen? Alle müssen sparen und sehen wo sie bleiben und die erhöhen sich ihre Gehälter! Die kriegen meine Stimme nicht mehr!" Aber hierzu mal ein Zitat aus Politikerkreisen: "Des Geldes wegen geht keiner in den Bundestag!".

Ja auch wieder ein wunderbares Beispiel. Natürlich hast Du in der Sache 100% recht....aber das geht nicht in den Kopf des Großteils der Bevölkerung :motz:

Da hat sich schon ein Denken wie in vielen Vorstandsetagen durchgesetzt, denn wie auch in der Wirtschaft gibt es gute Mitarbeiter - bzw. in dem Fall Politiker - nicht gratis. Eine kräftige Erhöhung der Diäten, würde vielleicht auch manch hellem Köpfchen im Bundestag sein Mandat wichtiger als seine 20 "Nebenbeschäftigungen" sein. Mal davon abgesehen, dass der Verdienst eines normalen Bundestagsabgeordneten nicht höher als in der mittleren Führungsebene eines mittelständigen Unternehmens liegt, spielt dieser doch für unser Gesamtwohl eine wesentlich wichtigere Rolle und trägt demnach auch mehr Verantwortung. Eine Erhöhung der Diäten dürfte den Bundeshaushalt wohl irgendwo an der 3. oder 4. Stelle nach dem Komma tangieren und spielt daher gesamtwirtschaftlich sowieso keine Rolle. Wir Deutsche stehen aber allgemein lieber auf Nebenkriegsschauplätze (das vereint Politiker und Volk gleichermaßen) und verlieren "die großen Aufgaben aus den Augen". Jede Woche wird eine neue - unwichtige - Sau durchs Dorf getrieben. Mal sind es Kirmesschlägerein in Mügeln, dann Herr Zumwinkel der Steuern hinterzieht, dann sind es mal wieder kindertötende Ossis...und so zieht sich das schon seit Ewigkeiten hinweg. Das ist die Politik von heute und die Medien machen noch mit! Als politisch interessierter Mensch kann man sich doch selbst kaum noch die Tagesschau ansehen. Manchmal kommen ja diese alten Nachrichten von vor 20-30 Jahren...da liegen zwar optisch Welten dazwischen (schöne Frisuren und Brillen ;D), aber inhaltlich erst recht....
"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Hans Sarpei."

"Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl."

"Geil, endlich Sommer...da kann ich jetzt in Shorts vorm Computer sitzen" ;D

HobbesTheOne 99

Zitat von: vitaminbonbon am Montag, 25 Februar 2008, 22:56:38
@hobbes: Sehr gut! Man(n) könnte denken, Du bist ein Insider.

Sagen wir mal so: ich war schonmal mit einer Gruppe von Kommilitonen und einem Dozenten bei einem gewissen MdB in Berlin zu Gast (inklusive Fragestunde und Mittagessen). Mehr wird nicht verraten.  ;D  :lol:  8)

Zitat von: vitaminbonbon am Montag, 25 Februar 2008, 22:56:38
Trotzdem sollte niemand den "Sand in den Kopf" stecken. Die Probleme sind erkannt, gerade auch durch die demographische Entwicklung. Was fehlt... ist der Mut, auch zur unbequemen Wahrheit. Und jetzt komme ich an den Anfang meiner Zeilen zurück. Ich beklage das- und verstehe es (nun 1,5 Jahre vor der nächsten Bundestagswahl) aus eigener Betroffenheit ganz gut.  :-\

Resignieren sollte man als Bürger auf keinen Fall, denn davon ändert sich auch nix. Am liebsten sind mir immer die Menschen, die über alles und jeden schimpfen, aber keine Lust haben etwas zur Verbesserung beizutragen: "Ach nee, lass mal. Darum sollen die anderen sich mal kümmern. Ich schau jetzt lieber die Talkshow." Aufregen und selbst nur rumsitzen   :nono: :motz:
Wie heißt es in einem Ärztesong so schön: "Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt!" Aber das "Verändern" ist ja bei weitem nicht so bequem, wie zu Hause zu sitzen und Fussball zu gucken.

Aber warum fehlt der Mut zur unbequemen Wahrheit? Weil er Wählerstimmen kostet und somit der Wahlerfolg in Frage gestellt wird.

Zitat von: Steffen am Dienstag, 26 Februar 2008, 10:49:00
Wir Deutsche stehen aber allgemein lieber auf Nebenkriegsschauplätze (das vereint Politiker und Volk gleichermaßen) und verlieren "die großen Aufgaben aus den Augen". Jede Woche wird eine neue - unwichtige - Sau durchs Dorf getrieben. Mal sind es Kirmesschlägerein in Mügeln, dann Herr Zumwinkel der Steuern hinterzieht, dann sind es mal wieder kindertötende Ossis...und so zieht sich das schon seit Ewigkeiten hinweg. Das ist die Politik von heute und die Medien machen noch mit!

Die Medien machen nicht mehr nur mit, sie sind im Prinzip schon eine eigenständige "Macht". Die vorherrschende "öffentliche Meinung" beeinflusst doch das Handeln von uns Bürgern genauso wie das unserer gewählten Vertreter. Und wer bestimmt wie die "öffentliche Meinung" aussieht? Na klar, größtenteils die Medien.
"Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen."
Walter Scheel

Bruno Borelli

Zitat von: Hendrik am Dienstag, 26 Februar 2008, 09:59:03
@ Bonbon: Da Du gerade die Gesundheitsreform ansprichst....

...Aus meiner Sicht ist jedes der beiden Modelle besser als das derzeitige "System". Nun kann man gut darüber streiten, ob nun Kopfpauschale oder Gesundheitsfonds sozialer, ökonomischer oder sonstwie besser sind... letzten Endes ist es klar, dass jeder Monat ohne eine Änderung ein verlorener Monat ist.
...


Die Einführung des Gesundheitsfonds ist ein katastrophaler Kompromis, den eigentlich keiner so richtig wollte (außer schlecht wirtschaftende Krankenkassen), es hat nur keine politische Seite das, was eigentlich gewollt war. Herausgekommen ist eine der unsozialsten und gleichzeitig unwirtschaftlichsten Lösungen, die überhaupt möglich waren. Nur leider merkt das noch keiner, weil ja nicht mehr drüber berichtet und diskutiert wird. Spätestens dann, wenn die ersten gesetzlich versicherten von ihrer Krankenkasse im Folgejahr eine Nachschussrechnung (Viele kennen das vom Vermieter der ne Nebenkostennachzahlung verlangt oder vom Stromanbieter, der zuwenig Abschläge erhalten hat) erhalten, werden das viele erkennen. Diese Nachzahlung trägt im übrigen der Arbeitnehmer allein und nicht der Arbeitgeber.

In diesem Sinne, lieber Hendrik, geb ich Dir völlig Recht, alles ist besser als die jetzige Lösung. Die jeweiligen Varianten "Kopfpauschale" oder "Bürgerversicherung" (ich bevorzuge i.Ü. diese) bieten beide Lösungsansätze und deutlich mehr Chancen auf Verbesserungen, nur das Gewurschtel was wir jetzt haben, ist eine Zumutung, die das bestehende System nur noch "älter aussehen lässt". Problem: Egal welche Variante früher oder später eingeführt wird, der politische Gegner wird daran genügend Nachteile finden und durch den Wähler abstrafen lassen....  :-\
"....weil irgendwann alles mal kaputt geht. Du wirst es auch noch gewahr werden, eines Tages fällt Dir einfach ein Bein ab."

vitaminbonbon

Dem ist nichts hinzuzufügen. Da kommt noch ein böses Erwachen. Aber wie schrieb Frau Merkel im gestrigen "Spiegel": (Sinngemäß, Heft liegt zu Hause):
Der Gesundheitsfond ist besser als sein Ruf, wird unterschätzt....Und es bleibt jetzt wie es ist!
Na dann.
Wenn du redest, dann muss deine Rede besser sein, als dein Schweigen gewesen wäre.
(arabisches Sprichwort)